Rettungskräfte trainieren den Ernstfall
Ehrenamtliche Einsatzkräfte stellen sich realistischen Katastrophenszenarien und beweisen beeindruckende Professionalität.

Ein starkes Erdbeben im Zollerngraben erschüttert Süddeutschland: Gebäude stürzen ein, die Infrastruktur ist massiv beschädigt, Rettungskräfte sind überlastet – und das Ehrenamt spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der Katastrophe. So lautete das übergeordnete Szenario des Übungswochenendes der Bereitschaft des DRK-Ortsvereins Nagold/Wildberg e.V. und der Malteser Rettungshundestaffel Rottenburg. Von Samstag, 8. März 3:00 Uhr morgens, bis Sonntag, 9. März 15:00 Uhr, stellten sich die insgesamt 30 Einsatzkräfte herausfordernden Rettungseinsätzen – realistisch nachgestellt und mit großer Detailtreue organisiert.
Erste Rettungseinsätze unter schwierigen Bedingungen
Noch in tiefer Dunkelheit begann der erste Einsatz im Schotterwerk Mast in Wildberg-Sulz. Sechs Personen galten nach dem Erdbeben als vermisst. Eine unwegsame Trümmerlandschaft machte die Suche für die Rettungshunde schwierig, doch mit beeindruckender Präzision spürten sie nach und nach die Verletzten auf. Einige waren unter Geröll eingeschlossen, andere litten unter Schock und mussten beruhigt und medizinisch erstversorgt werden.
Nachdem die Sanitätskräfte des DRK die Patienten stabilisiert hatten, übernahm die Bereitschaft des DRK-Ortsvereins Neubulach/Neuweiler e.V. den Weitertransport. Mit zwei Notfallkrankenwagen des Katastrophenschutzes wurden die Verletzten ins Klinikum Nagold gebracht, wo das in die Übung eingebundene Notaufnahmepersonal bereitstand.
Nach dem erfolgreichen Abschluss des ersten Einsatzes im Schotterwerk Mast führte die nächste Alarmierung die Malteser Rettungshundestaffel in den Steinbruch nach Mötzingen. Dort galt es, eine vermisste Person in unwegsamem Gelände aufzuspüren. Die Hunde arbeiteten sich durch das unübersichtliche Areal und konnten die Person zügig lokalisieren. Nach der medizinischen Erstversorgung durch die Einsatzkräfte wurde sie in Sicherheit gebracht.
Währenddessen nutzte die DRK-Bereitschaft die Zeit für eine Plenumsdiskussion zum Thema Zivil- und Katastrophenschutz. Dabei wurde auch die aktuelle weltpolitische Lage und deren Auswirkungen auf die ehrenamtlichen Strukturen im Bevölkerungsschutz thematisiert. Die Teilnehmer tauschten sich über Herausforderungen und Lösungsansätze aus, um die Einsatzbereitschaft auch in Krisenzeiten sicherzustellen.
Explosionsunglück bei einer Feier im Bauwagen
Nach einer kurzen Verschnaufpause und Zeit zur Kameradschaftspflege führte der nächste Einsatz die DRK-Bereitschaften Nagold/Wildberg, Rohrdorf/Ebhausen und Neubulach/Neuweiler nach Vollmaringen. Dort hatte es infolge eines Stromausfalls während einer Feier im Bauwagen eine Verpuffung gegeben. Ein Ofen, der zur Beheizung des Raumes genutzt wurde, war fehlerhaft belüftet, wodurch sich eine gefährliche Gasansammlung entzündete.
16 Übungsdarsteller der Narrenzunft Vollmaringen, realitätsnah geschminkt mit Brandverletzungen, Platzwunden und Rauchgasvergiftungen, simulierten die Opfer. Das Szenario stellte die Einsatzkräfte vor eine anspruchsvolle Aufgabe: Patienten mussten kategorisiert und nach Dringlichkeit behandelt werden, während die Lage vor Ort chaotisch und emotional angespannt war. Die Einsatzkräfte bewiesen hohe Professionalität, beruhigten Verletzte und Angehörige, während sie parallel lebensrettende Maßnahmen durchführten. Besonders schwer verletzte Patienten wurden priorisiert ins Klinikum Nagold transportiert.
Währenddessen trainierte die Malteser Rettungshundestaffel in einem alten Fabrikgebäude in Dillweißenstein eine der anspruchsvollsten Disziplinen der Rettungshundeausbildung: die Trümmersuche und das Abseilen von Hund und Hundeführer. Dies sind entscheidende Fähigkeiten, wenn Gebäude einstürzen und herkömmliche Zugänge unpassierbar werden. Die Hunde bewiesen dabei eindrucksvoll ihre Gelassenheit und Präzision in schwierigen Situationen.
Nächtlicher Großeinsatz: Eingestürztes Sägewerk in Ettmannsweiler
Am Abend folgte eine weitere fordernde Einsatzlage: In Ettmannsweiler war ein Sägewerk eingestürzt, vier Arbeiter wurden unter den Trümmern vermisst. Die Suche in der Dunkelheit erschwerte die Arbeit zusätzlich. Wieder bewährte sich die perfekte Zusammenarbeit zwischen den Rettungshunden und den Sanitätskräften. Während die Hunde die Vermissten aufspürten, übernahmen die Rotkreuz-Einsatzkräfte die medizinische Erstversorgung.
Ein besonders kritischer Patient wies schwere Brustkorbverletzungen auf, was eine schnelle Rettung und den Transport ins Krankenhaus erforderte. Hierbei unterstützte die Bereitschaft Schömberg/Bad Liebenzell mit einem Noftallkrankenwagen. Dank der gut eingespielten Zusammenarbeit konnte auch dieser Einsatz erfolgreich gemeistert werden.
Morgenalarm: Flugzeugabsturz im Wald bei Garrweiler
Nach einer kurzen Nacht wurden die Einsatzkräfte am frühen Morgen zum nächsten Unglück gerufen: Ein Kleinflugzeug war in einem Waldgebiet bei Garrweiler abgestürzt. Während die Rettungshunde die vermissten Insassen suchten, übernahmen die DRK-Kräfte die medizinische Erstversorgung.
Besonders dramatisch war die Lage des Piloten: Er hatte sich mit einem Fallschirm retten können, war aber schwer verletzt in einem Baum hängen geblieben. Mit vereinten Kräften wurde er sicher gerettet und medizinisch versorgt. Auch dieser Einsatz zeigte, wie wichtig die enge Abstimmung zwischen den verschiedenen Rettungseinheiten ist.
Abschlussübung: Evakuierung einer Schulklasse
Zum Abschluss des Übungswochenendes wartete eine große Herausforderung: Eine Schulklasse musste aus einem einsturzgefährdeten Gebäude evakuiert werden. Die Jugendfeuerwehr Nagold stellte die Darsteller, die sich in die Rolle von verängstigten Schülern versetzten.
Während die Betreuungskomponente der DRK-Bereitschaft die Schüler registrierte und betreute, übernahmen die Rettungshunde die Suche nach vier Kindern, die sich aus Angst versteckt hatten. Auch diese Situation wurde souverän gemeistert, und am Ende konnten alle sicher untergebracht werden.
Fazit: Starke Zusammenarbeit und wertvolle Erfahrungen
Das Übungswochenende endete am Sonntagnachmittag mit einem gemeinsamen Grillen für alle Beteiligten – ein geselliger Ausklang nach intensiven, aber lehrreichen Einsätzen.
„Die Übungen waren äußerst realistisch und haben eindrucksvoll gezeigt, wie gut die Zusammenarbeit zwischen den Hilfsorganisationen funktioniert“, resümierten die Verantwortlichen der Malteser Rettungshundestaffel und der DRK Bereitschaft Nagold/Wildberg. Abläufe wurden gefestigt, medizinische Maßnahmen intensiv trainiert und das ehrenamtliche Engagement der Helfer gewürdigt.
Neben den fachlichen Erkenntnissen blieb auch die Kameradschaft nicht auf der Strecke: Die Beteiligten verbrachten viele wertvolle Stunden miteinander, tauschten Erfahrungen aus und stärkten den Teamgeist. Ein Wochenende, das nicht nur die Einsatzbereitschaft erhöhte, sondern auch den Zusammenhalt innerhalb der Organisationen vertiefte – und somit ein voller Erfolg für alle Beteiligten war.
Von Kai Reetz